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19.11.2025

Gemeinschaftlicher Grünraum als Potenzial des Angerdorfes

© Adobe Stock

Der Dorfanger diente in vielen Dörfern ursprünglich als gemeinschaftliche Fläche, die beispielsweise für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wurde. Seit den 2010er-Jahren lässt sich ein breiteres Bewusstsein für ortsnahe Grünraume und damit eine zunehmende gemeinschaftliche Pflege durch die Bevölkerung feststellen. Heute hat der Dorfanger eine soziale und funktionale Bedeutung. Besonders für alleinstehende Frauen, Mütter, Großmütter und Seniorinnen bietet er durch vorhandenen Garten und Spielplatz einen wichtigen Treffpunkt. Daneben werden Angerwiesen für die Lagerung von Holz und Heu benutzt. Trotz dieser Bedeutung des Angers für Dorfbewohner:innen ist eine zunehmende Umwidmung zu Bauland zu beobachten, was zu Zersiedelung und Privatisierung von gemeinschaftlich genutzten Flächen führt. Stephanie Urbaniak setzte sich in ihrer Diplomarbeit mit dieser Entwicklung und dem Potenzial des Dorfangers als grüne Mitte am Beispiel von Dörfern im Waldviertel auseinander.

 

Zur Untersuchung führte Stephanie Urbaniak Kartierungen und Ortsbegehungen von 18 Angerdörfern im nördlichen Waldviertel durch. Ein Potenzialkatalog wurde für die Bewertung der Angerdörfer genutzt. Zu den Bewertungskriterien zählten die Qualität der Bepflanzung und Ausstattung, die Gewässer, die Grundstückskonfigurationen und Eigentumsverhältnisse sowie die planerischen Rahmenbedingungen. Für die Dörfer Wenjapons, Wolfsbach und Zabernreith wurden Zukunftsperspektiven entwickelt und die Bevölkerung durch die Citizen-Science-Methode des Zukunftsdialogs in die Forschung miteinbezogen. Urbaniak konnte für die Veränderung der Angerdörfer vier Einflussfaktoren feststellen. Darunter befinden sich einerseits soziale Einflüsse, wie der demographische Wandel, Abwanderung aus der Region sowie die Auflösung traditioneller Wohnformen. Andererseits können ökologische Veränderungen festgestellt werden. So kommt es zu einer zunehmenden Verbauung und Versiegelung von Flächen, insbesondere am Dorfanger. Die Auswirkungen des Klimawandels verstärken jedoch die Bedeutung einer grünen Dorfmitte. Ökonomische Veränderungen, der Strukturwandel in der Landwirtschaft durch die Mechanisierung in den 1950er-Jahren, führten zu größeren Flächen und veränderten die baulichen Strukturen der Höfe. Zudem begünstigten gesetzliche Rahmenbedingungen und planerische Einflüsse die Privatisierung der Dorfanger. Diese wurden als Baulandreserve gesehen und die veränderten Besitzverhältnisse schränkten die Nutzung als öffentlicher Ort ein.

 

Die ausgearbeiteten Zukunftsperspektiven konzentrieren sich auf den Erhalt der Dorfanger und den gemeinschaftlich nutzbaren Grünraum. Gemeinsam mit den Bewohner:innen wurden konkrete Empfehlungen entwickelt. In den Dörfern Wenjapons, Wolfsbach und Zabernreith konnten Konzepte einer gemeinschaftlichen Nutzung umgesetzt werden, darunter die Umnutzung eines Waaghäuschens als öffentlicher Bücherschrank, die Anlage von Kräuter- und Wildblumenbeete, die Inklusion von Sitzmöglichkeiten sowie die Nutzung der Flächen als Treffpunkte.

 

Diese Diplomarbeit leistet damit einen Beitrag zum Erhalt einer traditionellen Siedlungsform und öffentlicher Flächen als grüne Mitte, Aufenthaltsorte und Treffpunkte für Dorfbewohner:innen. Der Dorfanger wurde dabei nicht als etwas starr Historisches angesehen, sondern für die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Gegebenheiten der heutigen Zeit weiterentwickelt.

 

Hier finden Sie die gesamte Diplomarbeit

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