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10.10.2023

Frauenfußball gesellschaftlich etablieren führt zu dessen Professionalisierung

Frauenfußball findet noch immer vor teils leeren Rängen statt. Das Land Niederösterreich ist innerhalb Österreichs dank Förderung von Sportland NÖ um einige Schritte voraus.

© 13421/pixabay

Geschlechtergerechtigkeit einmal anders: Clemens Schmidt hat mit seiner Masterarbeit eine Forschungslücke geschlossen, indem er die Frage „Wie finanzieren österreichische Fußballvereine einen Frauenbetrieb und mit welchen Kosten/Erlösen kann gerechnet werden?“ beantwortet hat. Die Themenbörse war einmal mehr wissenschaftliches Sprungbrett für Wissenstransfer in die niederösterreichische Praxis – und Türöffner für ein Stipendium.

Unbestritten gewinnt Frauenfußball gesellschaftlich und medial an Bedeutung – und somit als Geschäfts- und Investitionsmöglichkeit. Bis dato gab es wenig Information über die Finanzierung von Frauenfußball, insbesondere in Österreich.

Clemens Schmidt hat mit seiner Masterarbeit wissenschaftliches Licht ins Dunkel gebracht. Seine Kernaussage: entschließen sich (Profi)Fußballvereine zur Gründung einer Frauenfußballmannschaft, ist das derzeit ein Nullsummenspiel: Erlöse können die Kosten gerade decken, teilweise nicht einmal das. Auswege könnten die Einführung eines Lizensierungssystems sowie die Etablierung eines Kreislaufs sein, der mit höherem gesellschaftlichen Interesse sowie medialer Berichterstattung beginnt und zu Professionalisierung und Qualitätssteigerung führt.

Nullsummenspiel

Kosten zwischen 60.000 und 1 Million Euro – je nach untersuchtem Verein – stehen Erlöse in der gleichen Bandbreite gegenüber. Keine*r der 10 Expert*innen, die im Rahmen der Masterarbeit interviewt wurden, gibt an, dass der Frauenfußballbetrieb aus finanzieller Perspektive profitabel ist.

Größte Kostenfaktoren sind Personal – mit Abstand der größte Posten – sowie der Spielbetrieb selbst. Die Einnahmen aus den Spielen können die Kosten bei weitem nicht decken, Sponsoringerlöse ebenfalls nicht.

Niederösterreich dank Spitzensportförderung im Spitzenfeld

Schmidt betonte bei seiner Präsentation der Masterarbeit vor Vertretern von Sportland NÖ, dass Niederösterreich dank seiner Spitzensportförderung im Vergleich den anderen österreichischen Bundesländern um mehrere Schritte voraus ist. Nur dank der Spitzensportförderung sei es möglich, den Frauenfußball im Profibereich zu erhalten.

"Wir sind am richtigen Weg. Nicht nur gendermäßig, sondern auch bei den Sportarten generell. Sportförderung ist Landessache. Umso wichtiger ist es, dass das Bundesland hinter seinen Vereinen steht", sagt Christoph Henneis vom Sportland Niederösterreich. Wichtig sei auch, entsprechende Rahmenbedingungen für Lizensierungen im Mädchen- und Frauenfußball zu schaffen, das sei ein absolutes Muss.

Warum Frauenfußball sponsern?

In der Masterarbeit Clemens Schmidts liest man dazu unter anderem Folgendes: "Das Sponsoring von Frauensport bietet ... die Möglichkeit, soziale und gesellschaftliche Verantwortung in einem höheren Maß zu vertreten und gleichzeitig eine bedeutende Einnahmequelle für Frauenfußballmannschaften darzustellen (vgl. Deloitte, 2023). Zeitgleich sind sich Unternehmen bewusst, dass sich der Frauenfußball in einer Wachstumsphase befindet und kommerzielles Potenzial aufweist (vgl. Wrack, 2019). Häufig wird im Zusammenhang mit dem Sponsoring von Frauensportarten der Begriff Corporate Social Responsibility erwähnt. Dies ist insofern relevant, da in Teilen der Gesellschaft die Themen rund um soziale Verantwortung wichtiger werden und infolgedessen Druck auf Unternehmen ausgeübt wird. So zeigt sich, dass das Sponsoring von Frauenmannschaften als gesellschaftlich sozialer wahrgenommen wird als das Männersponsoring (vgl. Morgan, 2019)."

Mehr zum Thema Sponsoring - sowohl im Männer- und Frauenfußball - erfährt man in Kapitel 2.5 Sponsoring von Fußballvereinen im Allgemeinen.

Es ist noch viel zu tun

Die Fakten: Mädchen und Frauen sind auf den Fußballplätzen und in den Stadien Österreichs deutlich weniger oft anzutreffen, als Burschen und Männer. Im Vergleich zu den männlichen Kollegen sei es derzeit nicht möglich, vom Profifußball zu leben. Zurückzuführen auf fehlende Professionalisierung, geringeres Zuschauer-Interesse und unter anderem auf ein FIFA-Regularium, das im Gegensatz zum Burschen- und Männerfußball keine finanziellen Ausbildungsentschädigungen für die Vereine vorsieht.

Stereotypsierungen und Sexismus spielen im (Frauen)fußball nach wie vor eine Rolle. Erfreulich ist allerdings, dass aus einem Strategiedokument des ÖFB hervorgeht, dass der Mädchen- und Frauenfußball einer von vier Schlüsselbereichen ist.

10 Frauenligen erzielen aus der TV-Übertragung Erlöse, 9 der 10 Ligen arbeiten mit einem Lizenzierungssystem, um die sportliche Qualität zu erhöhen.

Jeder der 20 umsatzstärksten Vereine der Welt hat bereits den Schritt in den Frauenfußball gemacht. Internationale Turniere und Großereignisse sind für die Breitenwirksamkeit unerlässlich, wobei der ZuschauerInnenschnitt bei internationalen Ligaspielen und UEFA Women´s Champions League noch ausbaufähig ist.

Laut Clemens Schmidt sind TV-Vermarktungsverträge ein Hebel, um die Sichtbarkeit und das Interesse für Frauenfußball zu erhöhen. Damit Fußballerinnen von den Einkünften durch den Sport ihren Lebensunterhalten bestreiten können, bedarf es anderer Gehaltsstrukturen.

Wie die Professionalisierung des Frauenfußballs gelingen könnte

Die Professionalisierung im österreichischen Spitzenfrauenfußball ist ausbaufähig. Gelingen könnte sie durch einen Kreislauf, der mit einer Erhöhung des gesellschaftlichen Interesses beginnt und über mediale Berichterstattung fortgesetzt wird. Wirtschaftliches Interesse, Sonsoring, finanzielle Ressourcen und Professionalisierung folgen und führen zu einer deutlichen Qualitätssteigerung. Das Spiel kann im wahrsten Sinne des Wortes beginnen.

Wir leisten mit dem Blog, dem Download der Masterarbeit sowie deren Präsentation unseren Forschungs- und gesellschaftlichen Beitrag, dass Frauenfußball in (Nieder)Österreich an Bedeutung gewinnt.

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