Wer suchet, der findet: was fliegt im Biosphärenpark Wienerwald?
Die Vögel akustisch und visuell den verschiedenen Schichten im Wald zuordnen - Michaela Maislingers Hauptaufgabe der Masterarbeit war zugleich auch die größte Herausforderung.
Einen ersten Blick ins "Wohnzimmer" der Vögel im Biosphärenparkt Wienerwald - und somit den Zwischenstand ihrer Masterarbeit - hat Michaela Maislinger bereits letztes Jahr beim Forschungsvormittag des Biosphärenparks Wienerwald präsentiert. Jetzt hat sie ihr Studium Wildtierökologie und Wildtiermanagement an der Universität für Bodenkultur abgeschlossen. Wir haben Michaela Maislinger zum Themenbörsen-Interview gebeten - denn von der Themenbörse hat sie das Thema gewählt, das vom Biosphärenpark Wienerwald zur wissenschaftlichen Beareitung dort angeboten wurde. Die wissenschaftliche Leistung wurde mit einem 1.000 Euro-Stipendium des Landes Niederösterreich belohnt.
Karin Peter: Sie haben in Ihrer Masterarbeit einen intensiven Blick in das 'Wohnzimmer' der Vögel im Biosphärenpark geworfen. Welches Mobiliar – im übertragenen Sinn – haben Sie dort gefunden?
Michaela Maislinger: Im Biosphärenpark Wienerwald kommt eine typische Gesellschaft an Waldvögeln vor. Bei den Datenaufnahmen konnte ich 55 verschiedene Vogelarten wahrnehmen. Darunter waren viele sogenannte 'Allerweltsarten', also Vögel, die häufiger vorkommen und nicht stark gefährdet sind. Am häufigsten zu finden waren der Buchfink, die Kohlmeise und die Hohltaube. Es konnten auch vier Arten festgestellt werden, die von besonderer wissenschaftlicher oder landeskundlicher Bedeutung für Niederösterreich sind und als relevante Arten in der Niederösterreichschen Artenschutzverordnung gelistet sind: Mittelspecht, Weißrückenspecht, Zwergschnäpper und Dohle. Diese vier Arten sind auf den Waldlebensraum spezialisiert und als Höhlenbrüter auf liegendes bzw. stehendes Totholz oder alte Bäume mit Höhlen als Fortpflanzungs- und Ruhestätte angewiesen.
Peter: Inwiefern beeinflussen die diversen Waldtypologien das Vorkommen verschiedener Vogelarten? Vereinfacht gefragt: Wo findet man welche Vögel?
Maislinger: Die zentrale Frage meiner Masterarbeit war herauszufinden, ob es unterschiedliche Artengemeinschaften in den verschiedenen Straten - Boden- und Krautschicht, Strauchschicht, Baumschicht - gibt. Also einfach gesagt: Wo halten sich die Vögel auf, gibt es Präferenzen, oder sind alle wild durcheinander? Hierbei konnte ich herausfinden, dass es durchaus unterschiedliche Artenspektren in den verschiedenen Schichten gibt. Beispielsweise wurden Rotkehlchen, Mönchsgrasmücken und Zaunkönige häufiger in der Nähe vom Waldboden gefunden, während Buchfinken, Hohltaube und Buntspecht die höheren Schichten bevorzugten. Diese Aufteilung in die verschiedenen Schichten kann mit Faktoren wie dem Ort des Nistplatzes oder den Nahrungsressourcen zusammenhängen. Beispielsweise wurden Vögel, die in Sträuchern oder Bäumen brüten, häufiger in den höheren Schichten gefunden als Bodenbrüter.
Peter: Wie sind Sie methodisch vorgegangen? Was waren für Sie die größten Herausforderungen?
Maislinger: Für die Datenaufnahme wurden 25 Flächen in der Kernzone und 25 Flächen außerhalb der Kernzone des Biosphärenparks Wienerwald gewählt. In jeder dieser Flächen wurden drei Punkte ausgewählt, an denen in einem kleinen Umkreis alle Vögel innerhalb von 5 Minuten bestimmt wurden - akustisch und visuell. Dabei wurden, wenn möglich, das Geschlecht sowie der Aufenthaltsort notiert. Das heißt, ich musste die Vögel akustisch und visuell den verschiedenen Schichten im Wald zuordnen. Das war natürlich die Hauptaufgabe für meine Masterarbeit, aber zugleich auch die größte Herausforderung. Vögel im dichten Blätterwerk nicht zu sehen, sondern nur zu hören und dann auch noch einer Schicht zuzuordnen, bedarf einiges an Können und Erfahrung.
Was waren die interessantesten Erkenntnisse Ihrer stunden-, monatelangen Vogelbeobachtungen im Biosphärenpark Wienerwald?
Maislinger: Besonders spannend war es zu sehen, wie schnell sich die Vögel an die Anwesenheit von Menschen gewöhnen. Anfangs dachte ich, dass fünf Minuten zu kurz sind zum Beobachten, da die Vögel ja durch meine Anwesenheit gestört werden. Aber ganz im Gegenteil, sie sind sehr schnell wieder zurückgekehrt und haben wieder zu zwitschern begonnnen. Ich fand es auch schön zu erleben, wie sich die Vogelwelt Monat für Monat ändert. Ich konnte die Rückkehr der Zugvögel dadurch richtig miterleben und hab mich sehr gefreut, als die ersten Subsahara-Zugvögel zurückgekommen sind und ihre Reviere bezogen haben.
Sie bedanken sich im Vorwort Ihrer Masterarbeit bei Eva Szekeres für die gute Teamarbeit und dass Sie ohne sie diese Forschungsreise nie begonnen hätten. Welchen wissenschaftlichen beziehungsweise Blick hat sie auf die Vögel geworfen?
Maislinger: Eva hat die Unterschiede bezüglich der Vogeldiversität zwischen Kernzone und Nicht-Kernzone des Biosphärenparks Wienerwald untersucht. Sie hat sich näher damit befasst, ob die verschiedenen Waldstrukturen der beiden Zonen einen Einfluss darauf haben, welche Vögel vorkommen. Dies kann einen Hinweis darauf geben, wie das Waldmanagement im Biosphärenpark Wienerwald die Vogeldiversität beeinflusst bzw. ob eine zu intensive Nutzung des Waldes einen Verlust der Artenvielfalt bedeuten könnte.